„Geknüpft ist nun ein ehernes Band“ – die Eröffnung der neuen Innbrücke 1894

Es war ein freudiges, festliches Ereignis, als am 29. Oktober 1894 zwischen Simbach und Braunau die neue, steinerne Innbrücke eröffnet wurde. Über viele Jahrhunderte – die erste urkundlich belegte Brücke war im Jahr 1259 angelegt worden – waren die immer wieder aus Holz aufgerichteten Brücken regelmäßig durch Kriegseinwirkungen, vor allem aber durch Überschwemmungen und Eisstöße zerstört worden.

Die Innbrücke um 1900

Die Innbrücke um 1900

Nach einer erneuten vollständigen Zerstörung der Brücke – die seit 1779 auch einen Grenzübergang zwischen Bayern und Österreich darstellte – am 2. Januar 1880, begann man mit der Planung eines Bauwerks, das solchen Einwirkungen in Zukunft widerstehen sollte.

Zwischen August 1892 und Oktober 1894 wurde eine solche Brücke aus Granit mit einer Eisenkonstruktion als Oberbau errichtet. Von den Anwohnern, die in ihrem alltäglichen Leben auf eine stabile Verbindung zwischen den beiden Nachbarstädten angewiesen waren, wurden die Bauarbeiten interessiert verfolgt. Auf Simbacher Seite war man besonders stolz auf das mächtige, imposante Brückenportal, das ganz im Gegensatz zum österreichischen Brückenabschluss stand und für die bayerische Regierung sicher auch ein Symbol gegenüber dem Ausland darstellen sollte [Simbacher Zeitung vom 9.10.1894 lesen].

Trotz solcher kleinen Stiche und Rivalitäten zwischen den Nachbarländern geriet die Eröffnungsfeier, zumindest nach den zeitgenössischen Berichten, zu einer Demonstration österreichisch-bayerischer Verbundenheit und Freundschaft.

Nachdem von offizieller Seite zunächst nichts Näheres geplant war, nahm die Simbacher Gemeindeverwaltung unter Bürgermeister Anton Mühldorfer die Sache in die Hand und richtete ein Komitee ein, das eine Feier zur Eröffnung der neuen Innbrücke organisieren sollte. Am 11. Oktober 1894 traf man sich zum ersten Mal im Gasthaus Söllner und beriet über die Planung von Festivitäten [Simbacher Zeitung vom 13.10.1894 lesen].

Das dort ausgearbeitete Programm wurde in ähnlicher Form bei der Feier am 29. Oktober 1894 umgesetzt [den ausführlichen Bericht dazu in der Simbacher Zeitung vom 1.11.1894 lesen]:

Der Tag begann mit Böllerschüssen und einem musikalischen Morgengruß. Um 9 Uhr fanden in Simbach und Braunau Festgottesdienste statt, an die sich um 10 Uhr zwei Festzüge anschlossen. Der Simbacher Zug ging vom Kirchenplatz aus durch die Kirchenstraße, die Münchnerstraße, über den Stachus und schließlich die Innstraße entlang bis auf die neue Brücke. Er setzte sich folgendermaßen zusammen:

2 berittene Herolde in mittelalterlicher Tracht, eine Abtheilung Feuerwehr, die Schuljugend, Guirlanden tragend, der Wandererverein, die Feuerschützengesellschaft, die beiden Veteranenvereine, der ‚Liederkranz‘, der Turn- und Metzgerverein, hierauf folgte die hochw. Geistlichkeit in vollem Ornate, begleitet von guirlandentragenden-weißgekleideten Mädchen, dann die Herren Beamten, der Gemeindeaussschuß und den Schluß bildete eine Abtheilung der freiw. Feuerwehr.

Auf der Brücke kam es schließlich zum symbolischen Höhepunkt, als sich die Festzüge in deren Mitte trafen und sich die Abgesandten der beiden Länder feierlich begrüßten. Gesegnet wurde die Brücke vom Braunauer Dekan Köstler.

Im Anschluss trug die Tochter des Simbacher Bürgermeisters ein von Dr. Franz Eisenreiter verfasstes Gedicht vor, das mit den Zeilen begann:

Nach Hoffen und Harren, nach langer Zeit,
Nach heißem Streben und Mühen,
Zu stolzer Vollendung sehen wir heut‘
Ein herrliches Werk nun gediehen.

[das ganze Gedicht lesen]

Blick auf die Bögen der Innbrücke in Richtung Simbach

Blick auf die Bögen der Innbrücke in Richtung Simbach

Hierauf antwortete ein Braunauer Mädchen mit einem weiteren Gedicht.

Gegen Mittag wurden die Feierlichkeiten mit einem Frühschoppen für die Honoratioren im Fink’schen Saal in Braunau fortgesetzt. Wieder wurde demonstrativ die nachbarschaftliche Verbundenheit zwischen Simbach und Braunau, und darüber hinaus zwischen Bayern und Österreich, hervorgehoben. Simbacher Gemeindevertreter ließen den österreichischen Kaiser hochleben, Braunauer antworteten mit einem Toast auf Prinzregent Luitpold, die Hymnen beider Länder wurden gemeinschaftlich gesungen. Es herrschte gute Stimmung – oder wie es die Simbacher Zeitung in ihrer Begeisterung formulierte:

So verlief der Festfrühschoppen, gewürzt von trefflichen Reden, in der schönsten und zwanglosesten Weise, getragen von echt patriotischem Geiste, durchweht von dem Hauche stammesverwandter Zuneigung.

Nach Beendigung des Frühschoppens fuhren die Honoratioren in einem Korso von Equipagen über die neue Brücke nach Simbach, wo um 16 Uhr zum Abschluss des Festes im Moosbräukeller ein Konzert stattfand.

Ein letzter Höhepunkt der Feier, der nach Angaben der Simbacher Zeitung noch einmal für hellen Jubel sorgte, war das Eintreffen der Antwort auf das mittags abgeschickte Huldigungstelegramm an den Prinzregenten.

Nicht nur die offiziellen Vertreter, auch das „einfache Volk“ dürfte seine Freude an dieser besonderen Feier gehabt haben. War man auch nicht zum Frühschoppen geladen, so konnte man sich über den Festzug und die Dekoration an Häusern und Innbrücke freuen – und wusste sicherlich den Tag auch in anderen Lokalitäten zu feiern. Zusätzlich bekam die Bevölkerung noch ein Erinnerungsstück: die Gemeinde hatte Medaillen aus Bronze prägen lassen, auf denen die neue Innbrücke abgebildet war und die kostenlos verteilt wurden.

Der Zuspruch zu den Feierlichkeiten scheint jedenfalls sehr groß gewesen zu sein. Sie wurden von einer großen Menschenmenge verfolgt; die Simbacher Zeitung meinte gar: Man kann wohl mit Recht behaupten, daß in Simbach und Braunau noch nie so viel Menschen versammelt waren.  (jk)

 

Literatur
Eine treffliche Schilderung. In: Simbacher Zeitung, 9.10.1894.
Bericht in der Simbacher Zeitung, 13.10.1894.
Eröffnungsfeier der neuen Innbrücke zwischen Simbach und Braunau. In: Simbacher Zeitung, 1.11.1894.
Vierlinger: Die Innbrücke Braunau-Simbach in der Geschichte.
Hiereth; Vierlinger: Die Geschichte der Stadt Simbach am Inn, S. 170 f.
Vierlinger: Unser Simbach, S. 44 f.
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