Dr. Franz Eisenreiter – Eine Lebensskizze

Franz Eisenreiter

Franz Eisenreiter

Franz Eisenreiter ist nach Richard Findl der Simbacher Bürgermeister mit der zweitlängsten Amtszeit. Immerhin 21 Jahre lang, zwischen 1912 und 1933, lenkte er die Geschicke der Gemeinde Simbach am Inn. Trotzdem scheint bisher relativ wenig über ihn bekannt zu sein. Die einschlägigen stadt- und regionalgeschichtlichen Werke schweigen sich weitgehend über ihn aus, Erwähnungen seiner Person finden nur am Rande statt. Im Juli 2009 titelte die Passauer Neue Presse bezüglich der Einführung von erklärenden Straßenzusatzschildern in Simbach gar: Was hat es mit Dr. Eisenreiter auf sich?. Viel mehr, als dass der Dr.-Eisenreiter-Weg nach einem Simbacher Bürgermeister und Sanitätsrat benannt ist, war dann aber auch dort nicht zu erfahren. Aus diesem Grund sollen hier ein paar wenige Eckdaten aus dem Leben des Simbacher Ehrenbürgers Franz Eisenreiter dargestellt werden:

Franz Eisenreiter wurde am 14. Dezember 1862 in Asenham geboren. Er studierte Medizin und ließ sich am 1. Februar 1889 in Simbach als Arzt nieder. Seine Praxis befand sich in der Innstraße, in dem Haus, in dem auch das Café Kerl war. Heute ist dort die HypoVereinsbank untergebracht. Der Sanitätsrat Eisenreiter beteiligte sich rege am öffentlichen Leben und wurde schnell in die Mitte der Simbacher Gesellschaft aufgenommen.

Schon im Jahr 1900 wurde er in den Gemeinderat gewählt. Ab Mai 1910 bekleidete er das Amt des 2. Bürgermeisters, von Mai 1911 an, nach dem Rücktritt von Anton Mühldorfer als 1. Bürgermeister, übernahm er als Bürgermeister-Stellvertreter de facto die Leitung der Gemeinde. Zum 1. Januar 1912 wurde er auch offiziell zum 1. Bürgermeister Simbachs gewählt. Dieses Amt behielt er 21 Jahre lang, bis zum April 1933.

Doch nicht nur als Bürgermeister gestaltete Eisenreiter das Simbacher Leben in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts aktiv mit. Auch im Simbacher Vereinsleben war er eine feste Größe. So war er ganze 49 Jahre lang Vorstand des Liederkranzes. Die medizinischen und Pflegeeinrichtungen unterstanden fast ausnahmslos seiner Leitung. Der Sanitätsrat war Vorstand des Simbacher Krankenhauses, Leiter des Männervereins vom Roten Kreuz sowie Gründer und Vorstand der Freiwilligen Sanitätskolonne. In der Zeit des Ersten Weltkriegs leitete er das Simbacher Reservelazarett.

Auch das Schreiben scheint ihm Spaß gemacht zu haben. So veröffentlichte er nicht nur 1894 den medizinwissenschaftlichen Aufsatz Ueber cavernöse Angiome am Halse, sondern 1905 auch die regionalgeschichtliche Schrift Vor zweihundert Jahren über den Bauernaufstand im Inntal im Gefolge des Spanischen Erbfolgekriegs. Auch in der Poesie versuchte Eisenreiter sich: das Gedicht, das ein Simbacher Mädchen bei der Innbrücken-Eröffnung im Jahr 1894 vortrug, stammte aus seiner Feder [das Gedicht lesen].

Als Bürgermeister scheint Franz Eisenreiter ebenso beliebt gewesen zu sein. In sicher nicht leichten Zeiten, im Ersten Weltkrieg, während der Inflation und den zunehmend ideologisch aufgeladenen Zeiten der Zwanziger Jahre, sprachen ihm die Bürger immer wieder das Vertrauen aus. Sein 70. Geburtstag im Jahr 1932 wurde geradezu pompös gefeiert, samt abendlichem Fackelzug, der sich als Höhepunkt zu einer riesigen Siebzigerzahl formierte. In den Festansprachen wurden ihm große Verdienste um Simbach bescheinigt. Regierungsrat Steger führte aus: Nicht nur in der Kriegs- und Revolutionszeit, sondern auch in der schweren Nachkriegszeit haben Sie die Gemeinde glücklich gesteuert und nur Ihrer zielbewußten Führung ist es zu danken, daß Simbach einer der wenigen Orte Niederbayerns ist, der einen ausgeglichenen Haushalt hat. Zum Anlass dieses Jubiläums wurde Eisenreiter am 23. November 1932 auch die Ehrenbürgerschaft verliehen.

Bald darauf änderten sich die Zeiten allerdings grundlegend. Eisenreiter, der mit einer Koalition aus Bayerischer Volkspartei, SPD und Bauernbund regiert hatte, sah sich nun der zwingenden Macht der Nationalsozialisten gegenüber. Bereits vor der Wahl im April 1933 kündigte er an, für eine Wiederwahl nicht mehr zur Verfügung zu stehen. Das Bürgermeisteramt ging nun allerdings ohnehin an die NSDAP, in Person von Ortsgruppenleiter Josef Eiben. Eisenreiter fungierte in der Wahl am 26. April 1933 noch als Wahlleiter und wurde dann unter allgemeinem Dank aus dem Gemeinderat verabschiedet.

Eisenreiter zog sich daraufhin wohl ins Privatleben zurück, widmete sich aber weiterhin seinem Liederkranz und blieb ein wichtiger Bestandteil des Simbacher Gemeindelebens. Im Jahr 1948 starb Dr. Franz Eisenreiter geehrt und hochbetagt im Alter von 85 Jahren. (jk)

 

Literatur
Simbach’s jüngster Ehrenbürger. In: Simbacher Zeitung, 17.12.1932.
Hackemer; Dersch: Was hat es mit Dr. Eisenreiter auf sich?
Schmied: Chor-Jubiläum.
Adress- und Geschäfts-Handbuch von Simbach, Griesbach, Rotthalmünster und Kösslarn 1912/13, S. 19, 26-28.
Vierlinger: Das Jahr 1933 in unserer Heimat am Inn, S. 106 f.
Hiereth; Vierlinger: Die Geschichte der Stadt Simbach am Inn, S. 228 u. 277.
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