Hochwasser in Simbach – eine illustrierte Geschichte

Allen Simbachern ist das Hochwasser vom Juni dieses Jahres wohl noch in unangenehmer Erinnerung. Nur knapp ging die Stadt an einer Katastrophe vorbei, als sich die größten Wassermassen seit Menschengedenken durch das Flussbett des Inn wälzten. Wäre das Wasser noch einige Zentimeter weiter gestiegen, hätten große Bereiche des tiefer gelegenen Simbach evakuiert werden müssen und etliche Straßen und Häuser wären wohl überschwemmt worden.

Inn-Hochwasser im Juni 2013

Wie das immer wieder geschieht, wurde auch diesem Hochwasser 2013 der Titel Jahrhundert-Hochwasser verliehen. Doch blickt man zurück in die Vergangenheit, musste die Stadt schon immer mit dieser Bedrohung zurecht kommen und war mehrfach von schweren Überschwemmungen betroffen. Und betrachtet man Aufnahmen dieser vergangenen Hochwasser, denkt man sich unwillkürlich: Wie sich die Bilder doch gleichen!

Die Chroniken sagen uns, dass das bisher wohl größte Hochwasser in Simbach im Jahr 1598 stattfand. Damals war sogar die Hälfte des Braunauer Stadtplatzes überschwemmt, ein Ausmaß, dass man sich heute nicht mehr vorstellen kann. Ähnliches geschah noch einmal 1762, dazwischen und danach traten immer wieder beträchtliche Überschwemmungen auf, die mehrmals auch die – damals noch hölzerne – Innbrücke mit sich rissen.

Das schlimmste Hochwasser der neueren Geschichte ereignete sich im September 1899. Nach tagelangen starken Regenfällen schwoll der Inn so stark an, dass in der Nacht vom 13. auf den 14. September der mittlerweile errichtete Damm aufriss und sich die Fluten ungebremst über den Ort ergossen. Am Morgen des 14. September stand die Innstraße zwei Meter hoch unter Wasser, und die Anwohner von äußerer Inn- und Gartenstraße mussten mit Booten aus den Obergeschossen ihrer Häuser befreit werden. Bis nach Erlach waren Wiesen, Felder und Häuser eine Woche lang überschwemmt.

Das Hochwasser von 1899. Blick vom Viadukt in die äußere Innstraße (entnommen aus dem Buch Unser Simbach von Rudolf Vierlinger)

Blick vom Inndamm auf das Hochwasser 1899. Am linken Bildrand ist das Portal der Innbrücke zu erkennen (entnommen aus dem Buch Unser Simbach von Rudolf Vierlinger)

Nur zwanzig Jahre später, im September 1920, suchte das nächste Jahrhundert-Hochwasser Simbach heim. Wieder wurden zwischen dem 7. und 8. September große Bereiche des Ortsgebiets bis nach Erlach hin überschwemmt – insgesamt eine Fläche von etwa drei Quadratkilometern. Im Ortskern, an der Innbrücke, hielt der Damm allerdings, so dass das Zentrum vom Hochwasser verschont blieb.

Inn-Hochwasser von 1920 (Familienarchiv Lehner)

Innbrücke beim Hochwasser von 1920 (Familienarchiv Lehner)

Wieder nur 18 Jahre später kam die nächste Flutkatastrophe auf den Ort zu. Diesmal war der Simbach der Auslöser, der im Juli 1938 nach einem Gewitterregen derart anschwoll, dass er aus seinem Bett heraustrat und weite Teile Simbachs überschwemmte.

Simbach-Hochwasser 1938 im Kreuzberger Weg (Archiv H. Huber)

Simbach-Hochwasser 1938 im Kreuzberger Weg, mit Blickrichtung Bachstraße (Archiv H. Huber)

Simbach-Hochwasser 1938 in der Bachstraße (Archiv H. Huber)

Simbach-Hochwasser 1938 in der Passauer Straße, mit Blick in Richtung Stachus (Archiv H. Huber)

Simbach-Hochwasser 1938 in der Passauer Straße, mit Blick in Richtung Stachus (Archiv H. Huber)

Und noch einmal nur 16 Jahre später, im Juli 1954, wurde Simbach von der nächsten Flutkatastrophe heimgesucht; diesmal aus einer Kombination von Simbach- und Inn-Hochwasser. Nach wochenlangem Regen trat zunächst am 8. Juli der Simbach über die Ufer und überschwemmte kurzzeitig von der Bach- über die Inn- und Gartenstraße den gesamten Ortskern.

Die Innstraße im Hochwasser von 1954 (Foto von Anna Theresia Mahn)

Die Innstraße im Hochwasser von 1954 (Foto von Anna Theresia Mahn)

Die Metzgerei Mühldorfer im Hochwasser von 1954 (Foto von Anna Theresia Mahn)

Die Bäckerei Kloo im Hochwasser von 1954 (Foto von Anna Theresia Mahn)

Das Wasser floss schnell wieder ab, doch nun wurde die Lage am Inn immer brenzliger. Am 9. Juli wurde dort die Hochwassermarke von 1899 überschritten. Immerhin gab es nun einen funktionstüchtigen Damm, doch auch dieser drohte jetzt, dem Wasser nicht mehr standhalten zu können.

Innbrücke im Hochwasser von 1954 (Familienarchiv Lehner)

Das Inn-Kraftwerk im Hochwasser von 1954 (Familienarchiv Lehner)

Was nun folgte, beschreibt etwa Rudolf Vierlinger ausführlich in seinem Buch Unser Simbach, und man fühlt sich beim Lesen sehr stark an die bangen Stunden im Juni dieses Jahres erinnert:

Am Morgen des 9. Juli musste die Innbrücke gesperrt werden, weil das Wasser den Unterbau der Brücke erreicht hatte und nun mit voller Kraft auf diese drückte. Feuerwehr und THW waren schon seit der Nacht davor als Dammwachen vor Ort, um bei akuter Gefahr sofort Alarm zu schlagen. Jetzt wurde festgestellt, dass der Damm Risse bekam und drohte, unterspült zu werden. Am Ende der Gartenstraße entstand ein Loch im Damm, das schnell immer größer wurde. Mit Kiesfuhren und Sandsäcken versuchte man, dieses so gut wie möglich zu stopfen, was längere Zeit ohne Erfolg blieb. Die Bewohner der äußeren Innstraße und der Gartenstraße wurden deshalb aufgefordert, ihre Häuser zu verlassen. Gegen Mittag hörte der Inn auf, weiter zu steigen und langsam entspannte sich die Situation leicht. Der Damm blieb instabil, am Ende zählte man insgesamt 31 Einbruchstellen, doch mit großem Einsatz konnten diese mithilfe von Sandsäcken notdürftig abgesichert werden. Am folgenden Tag wusste man schließlich, dass Simbach der großen Katastrophe entkommen war. Der Pegel sank und der Damm hatte gehalten.

Die Wassermassen des Hochwassers von 1954 (Familienarchiv Lehner)

Die Innbrücke im Hochwasser von 1954 (Familienarchiv Lehner)

Zum Abschluss dieses Berichts schreibt Vierlinger: Der Damm wurde repariert und nochmals verstärkt. Nur er schützt die Uferbewohner vor den steigenden Fluten, denn niemand vermag zu sagen, wann sie wiederkommen. Es können Jahrzehnte, vielleicht sogar Jahrhunderte vergehen, ehe wieder ein Hochwasser ähnliche Ausmaße annimmt wie wir es im Juli 1954 erlebten. Wie wir nun wissen, dauerte es 69 Jahre bis zum nächsten Jahrhundert-Hochwasser des Inn.

Wie unberechenbar die Simbacher Gewässer bleiben, zeigt auch eine Einschätzung von Rudolf Vierlinger zur Hochwassergefahr durch den Simbach. Nach den Erfahrungen von 1954 wurde auch dieser aufwändig ausgebaut, um zu verhindern, dass er noch einmal über die Ufer tritt. Über die Baumaßnahmen, die 1958 abgeschlossen wurden, schreibt Vierlinger 1986: Was Jahrhunderte hindurch von vielen Generationen sehnlichst erwünscht wurde, ging endlich in Erfüllung. Die Bewohner der Stadt Simbach haben nun von dieser Seite her keine Gefahr mehr zu befürchten.

Doch nur fünf Jahre, nachdem diese Zeilen geschrieben wurden, zeigte der Simbach, dass er noch immer unberechenbar war. Nach heftigen Regenfällen schwoll er binnen kürzester Zeit so stark an, dass er am Abend des 31. Juli 1991 auch sein nun ausgebautes Bett verließ und sich als Wasserwalze durch die Straßen von Simbach schob. Wieder wurden weite Teile der Stadt überschwemmt, von den direkt am Bach gelegenen Straßen, über die Inn- bis weit hinein in die Gartenstraße.

Das Simbach-Hochwasser in der Gartenstraße 1991

Das bisher letzte Kapitel dieser ereignisreichen Hochwassergeschichte fand nun also im Juni 2013 statt. Doch wenn man in die Vergangenheit zurückblickt, liegt die Vermutung nahe, dass es keine hundert Jahre dauern wird, bis das nächste Jahrhundert-Hochwasser Simbach erreicht. (jk)

Die Wassermassen des Inn im Juni 2013

 

Literatur
Vierlinger: Unser Simbach, S. 67-81.
Geiring: Kampf gegen das Hochwasser.
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